Es ist nicht gerade bequem, im Auto zu schlafen - vor allem wenn der hintere Teil mit Gepäck und Fahrrad vollgestopft ist. Ich probierte die Nacht über mehrere Stellungen aus, mich über die zwei Vordersitze zu verteilen, schlief dann auch wirklich eine ganze Weile - die beste Nacht war es jedenfalls nicht. Geldmäßig war es natürlich ein guter Ausgleich für die Strafe, die ich gestern gezahlt hatte.

Um 7:30 Uhr fuhr ich los - von Vorteil war natürlich auch, dass ich sofort los konnte. In Veliko Tornovo fotografierte ich eine ganze Weile lang den zentralen Rundblick am Aufgang zur Burg, argwöhnisch vom Kassierer der Burg beobachtet. Aber ich wollte eben nicht dem Touristenjoch unterliegen und das tun was normalerweise alle tun wollen - zahlen und brav durch die Sehenswürdigkeiten trotten.

8:15 Uhr ging es dann weiter, 9:10 Uhr war ich in Gabrovo. Auffällig wieder, wie betont langsam die Fußgänger die Straße wechseln, bei all dem Chaos, das auf den Straßen herrscht.

Es ging übers Gebirge, eine landschaftlich sehr schöne Strecke mit vielen schönen Ausblicken. Bei der langen Gebirgs-Abfahrt, etwa um 10:40 Uhr, wurde die Straße von der Polizei gesperrt, und es dauerte erst einmal eine Stunde, ehe es weiter ging. Das Ganze war so wegen Straßenmarkierungsarbeiten, und ich begann mich schon daran zu gewöhnen, dass in Rumänien und Bulgarien eben ab und zu erzwungene Pause sei. Man muss Zeit mitbringen und darf nicht auf eine bestimmte Fahrzeit für eine Strecke hoffen - sich zu beschweren hat sowieso keinen Zweck.

12:00 Uhr kam ich in Kasanlak an - es war sehr warm, und ich war ziemlich müde. Ich verfuhr mich da auch gründlich und wunderte mich schon, weil die anfangs 4-spurige Straße immer schlechter wurde, bis sie schließlich in einem Dorf in einem Feldweg endete. Zumindest ein paar schöne Bilder bekam ich so noch von Bulgarien zu sehen. Pferde- und Eselskarren, eine Ziegenherde auf der Straße und Kühe an der Straße, und auch hier wird im Dorf das Heu auf der Straße getrocknet. An den großen Straßen waren auch oft wieder die monumentalen, heroischen Denkmäler zu sehen - das Ganze wirkt auf mich zum Teil beeindruckend, zum Teil bedrückend und aufgeblasen.

Ich war dann relativ früh in Svilengrad. Ich rechnete nach meiner Karte gehend damit, ein Stück weit durch die Türkei fahren zu müssen. Vor Svilengrad gab es dann aber ein Hinweisschild, das direkt auf Griechenland zu verweisen schien (hier hatte ich doch etwas Schwierigkeiten mit den russischen Begrifflichkeiten). Also fuhr ich den Zeichen nach, an der Stadt vorbei und landete schließlich, einem Schild nach, auf einer Station, die mit Schlagbaum wie Grenzbeginn aussah. Die war aber offenbar nur für Trucks vorgesehen, und nach einiger Diskussion wurde ich dann doch zur türkischen Grenze geschickt. Die ganze Strecke zur Autobahn also zurück, vorbei an richtiggehenden Slums mit Leuten, die Müll sortieren, wie das sonst nur in Reportagen aus dem Fernen Osten zu sehen ist, oder aus Südamerika. Wie auch immer, vor der türkischen Grenze diskutierte ich lange mit einem freundlichen Zöllner (der war auch schon mal in Leipzig gewesen), und wurde auf den Übergang in Svilengrad verwiesen, das wäre näher und unkomplizierter. Hatte ich ja auch gedacht.

Ich kam mir vor wie ein Ping-Pong-Ball oder wie Ion Tychi in einer seiner Zeitschleifen, hoffte aber, wenn ich nur oft genug hin- und hergefahren sei, würde sich der Knoten irgendwann lösen. Bei solchen Gelegenheiten halte ich mir dann vor Augen, dass ich ja Urlaub habe, und meine Versuche sehr wahrscheinlich vor dessen Ende und vorm Ende meines Benzinvorrates erfolgreich sein würden - wie gesagt hat es etwas mit Hoffnung zu tun und mit Wahrscheinlichkeit. Ich prägte mir für weitere Befragungen einfach nur die Begriffe "Greece" und "Alexandropolis" ein, sowie "Graniza" für Grenze.

Obwohl ich die Strecke nun schon zum dritten Mal fuhr, kam ich ab und verirrte mich in der Stadt, aber dank meiner drei Begriffe konnte ich an einer Tankstelle, die ich nach längerer Stadtdurchfahrt an einer Ausfallstraße fand, den Weg erfragen. Die Grenze lag dann gar nicht weit von meinem ersten Versuch, die Ausschilderung war wirklich saublöd.

Ich erwartete jetzt wieder ewige Formalitäten oder Formularitäten, vor allem weil es jetzt in die Europäische Union ging, über eine ganz heiße Grenze mit Schmugglern und Asylsuchenden, die mit jedem Trick über die Grenze kommen wollen würden. Aber, oh Wunder, es lief alles völlig problemlos auf bulgarischer Seite, und auf griechischer Seite fast schon leger.

Hungrig und wie der Hatz entkommenes Wild, suchte ich den ersten besten kleinen Ort und fuhr da hin, wo Leute herumsaßen und irgendwas tranken. Ich saß noch etwas unschlüssig im Auto, da kam schon ein alter Mann auf mein Auto zu, ein Grieche mit unglaublich dicker Knollennase und fragte woher ich käme. Meinte dann noch, ich sei in Ormeniu, und ging weiter - ich hätte fast gemeint: verschwand wie eine Fata Morgana. Vielleicht war es ja Zeus in einer seiner vielen Verkleidungen, der neugierig war, wer da neu in seinem Reich erschienen ist.

Dort wo ich Abendbrot zu bekommen hoffte, gab es leider nichts meinem hungrigen Zustand entsprechendes, aber ich wurde von dem sehr gut deutsch sprechenden Besitzer der Lokalität auf den nächsten großen Ort verwiesen - hier war eben nix los.

Etwa 19:45 Uhr kam ich, nach landschaftlich schöner Strecke, an einem Lidl-Markt an und deckte mich erst einmal - in Euro-Währung (!) - mit lauter leckeren Sachen ein, die ich zum Teil noch auf dem Parkplatz in mich reinfraß.

In Didimotixo fragte ich in einem Hotel nach, und in einem zweiten, dem "Hotel Hermes", stieg ich ab. Nach der weiten Strecke sollte es schon ein Hotel sein, wenn auch für 33 Euro.

Direkt neben dem von Arabern geführten Hotel begann ein arabischer Basar, wo ähnlich wie auf den mir bekannten Tschechenmärkten die verschiedensten (eigentlich alle) Dinge verkauft wurden. Laute arabische Musik dröhnte von den Ständen, die sich kilometerweit an der Stadtgrenze hinzogen. Ich sah mir das eine Weile an und schlenderte dann noch kurz an der türkischen Festung vorbei, wo die Felsen sehr schön beleuchtet waren.